Brodowin
 

Die Brodowiner Vogelwelt  -  Bestandstrends (von Martin Flade)

„Quer zum Trend“: 

Die Bestandsentwicklung der Brutvögel der Gemarkung Brodowin und der Choriner Endmoräne im Zeitraum 1997-2008


von Martin Flade

1. Fragestellung, Untersuchungsebiet


Die Landwirtschaftsflächen der Gemarkung des Ökodorfes Brodowin (südliche Uckermark)

im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin werden fast komplett ökologisch nach den Richtlinien des biologisch-dynamischen Landbaus bewirtschaftet (ein Großbetrieb mit 1200 ha  sowie drei kleinere Betriebe mit maximal 45 ha). Nur drei Nebenerwerbslandwirte wirtschaften auf kleiner Fläche konventionell. Die Gemarkung ist sehr reich durch Seen, Feldsölle, Hecken, Feldgehölze und Röhrichtmoore gegliedert.


Auf den Flächen des Demeter-Großbetriebes wurden ab 2001 im Rahmen eines vom Bundesamt für Naturschutz geförderten Erprobungs- und Entwicklungsvorhabens („Naturschutzfachliche Optimierung des großflächigen modernen Ökolandbaus am Beispiel des Demeterhofes Ökodorf Brodowin GmbH & Co KG“, kurz „Projekt Naturschutzhof“) beispielhaft Zielkonflikte zwischen Naturschutz und Ökolandbau gelöst und gezielte Naturschutzmaßnahmen umgesetzt. Der Träger des Projektes, der Ökodorf Brodowin e.V., kümmert sich zudem seit 1992 um Naturschutz und Landschaftspflege in der Gemarkung, pflegt Trockenrasen und Kleingewässer, pflanzt Hecken, betreut Brutkolonien von Seeschwalben und Möwen, initiiert Maßnahmen der Wasserrückhaltung und Renaturierung von Mooren und Seen, betreut Vor kommen seltener Pflanzenarten und führt weitere Naturschutzmaßnahmen durch.


Das Dorf Brodowin selbst hat eine für heutige Verhältnisse sehr ungewöhnliche, bäuerliche

Struktur. Es dominieren 100-150 Jahre alte Höfe und Wirtschaftsgebäude, Neubauten sind in

der deutlichen Minderzahl. Auf dem überwiegenden Teil der Hofstellen gibt es Kleintierhaltungen (Hühner, Gänse, Enten, Kaninchen, Pfaue u. a.), auf vielen Höfen auch Pferde, Schweine, Schafe oder Ziegen. Der Großbetrieb hält 250-300 Milchkühe plus Jungvieh in Weidehaltung und offenen Laufställen, es gibt einen Ziegenhof mit 150 Milchziegen, eine

ökologische Hühnerfarm mit Freilandhaltung usw. Auf vielen Grundstücken leben 3-4 Menschengenerationen zusammen, die Alterspyramide ist ausgewogen mit etwa 90 Kindern und

Jugendlichen bei 430 Einwohnern. Bauerngärten mit Obst- und Gemüseanbau sind verbreitet und ortsbildprägend, das Dorf hat über weite Strecken einen z. T. alten Obstbaumgürtel.


Die angrenzenden Wälder der Choriner Endmoräne befinden sich fast vollständig im Landesbesitz und werden nach den Prinzipien des naturgemäßen Waldbaus sowie den Vorgaben der Waldbau-Richtlinie des Landes Brandenburg bewirtschaftet. Der überwiegende Teil besteht aus alten Buchenwäldern und naturnahen Laubmischwäldern, in denen Naturschutzziele (Belassen von Totholz und Sonderstrukturbäumen usw.) bei der Bewirtschaftung besonders berücksichtigt werden. Benachbart zu Brodowin befindet sich mit dem NSG Plagefenn eines der ältesten Naturschutzgebiete Deutschlands (1907 eingerichtet, jetzige Größe 1100 ha) mit einer jetzt 277 ha großen, unbewirtschafteten Kernzone aus Seen, Moorwäldern und Buchenwald. Die Wälder sind reich durchsetzt mit teils großen Erlenbrüchen (bis über 50 ha groß), Waldmooren und Seen. Fast alle Waldmoore und Brüche, die in den letzten Jahrhunderten künstlich entwässert waren, sind angestaut und in ihrem natürlichen Wasserhaushalt soweit möglich wiederhergestellt.


Insgesamt finden wir also – anscheinend – eine Ideallandschaft vor, in der Naturschutzziele

weitestgehend und großflächig umgesetzt sind - eine „Bilderbuchlandschaft“, in der sich die

Natur in einer ausgewogenen Mischung aus gewachsener Kulturlandschaft und naturnahen

Lebensräumen entfalten kann.


Es drängt sich deshalb die Frage auf, ob und wie sich die Bestände der Brutvögel entwickeln

und wie diese Entwicklungen im überregionalen Vergleich zu bewerten sind. Theoretisch müsste die Situation in Brodowin ein Maßstab sein, an der die Entwicklung in anderen Regionen gemessen werden könnte (Referenzlandschaft). Die Daten des seit 1997 laufenden Brutvogelmonitorings sollen in dieser Hinsicht analysiert werden.

Zusammenfassung


Die Landschaft der Gemarkung Brodowin und der angrenzenden Choriner Endmoräne ist

von großflächigem ökologischen Landbau, intakten bäuerlichen Siedlungsstrukturen, Natur-

schutzprojekten, naturschutzorientierter Laubwaldbewirtschaftung in landeseigenen Wäldern

sowie großen Naturschutzgebietsflächen (NSG Plagefenn, 1907 eingerichtet) geprägt. Hier

wurden auf einer 196 ha großen Probefläche (1997-2000) sowie an 64 Zählstopps mit der

Methode der Punkt-Stopp-Zählung die Bestandsänderungen der 96 (von 152) häufigsten

Brutvogelarten erfasst. Die Daten der ersten 12 Untersuchungsjahre sollen die Frage beant-

worten, ob es den Brutvögeln in dieser „Modelllandschaft“ im Sinne des Naturschutzes tat-

sächlich besser geht als in der „Normallandschaft“ Ostdeutschlands. Das Ergebnis ist über-

raschend klar: Eindeutig positivere Bestandstrends zeigen vor allem die typischen Arten der

Agrarlandschaft (z.B. Kiebitz, Feldlerche, Dorngrasmücke) und der (dörflichen) Siedlungen

(z.B. Türkentaube, Klappergrasmücke, Haussperling, Grünfink, Star, Mehl- und Rauch-

schwalbe). Ganz besonders profitieren deutschlandweit gefährdete Arten (Rote Liste 2007).

Hier gibt es bei den neun „gefährdeten“ bis „vom Aussterben bedrohten“ Arten bei fünf Arten

(Rohrdommel, Trauerseeschwalbe, Kiebitz, Bekassine, Feldlerche) günstigere und bei keiner

Art ungünstigere Entwicklungen als in Ost-D. Bei den 12 Arten auf der „Vorwarnliste“ stehen

7 Arten mit günstigerer Entwicklung (z.B. Kleinspecht, Kuckuck, Pirol u.a.) nur einer Art mit

ungünstigerer Entwicklung (Wasserralle) gegenüber.


Die Entwicklung der Brutvogelbestände der Brodowiner „Bilderbuchlandschaft“ liegt also

„quer zum deutschlandweiten Trend“ und prädestiniert dieses Gebiet als „Referenzland-

schaft“ für Naturschutzbestrebungen.

  1. 2.Methode und Material


Seit 1997 erhebe ich systematisch die Bestandsveränderungen der ca. 100 häufigeren Brutvogelarten, überwiegend mit der streng standardisierten Methode der Punkt-Stopp-Zählung.

40 (2 x 20) Zählstopps liegen auf zwei ganz überwiegend durch die Wälder zwischen Brodowin und Neuehütte/Britz (bei Eberswalde) führenden Zählrouten. Diese 40 Stopps wurden seit 1997 durchgehend erfasst. Hinzu kommen 24 (2 x 12) Zählstopps in der Agrarlandschaft rings um den Brodowinsee, die seit 2000 jährlich bearbeitet werden. An allen 64 Stopps werden jährlich 5mal (2. Märzhälfte, 2. Aprilhälfte, 1. und 2. Maihälfte, 1. Junihälfte) am frühen Morgen bei günstiger Witterung alle wahrnehmbaren Vögel erfasst (Standardmethode des DDA). 


In den vier Jahren 1997-2000 führte ich außerdem eine intensive flächendeckende Kartierung der Vögel Brodowins und er angrenzenden Kulturlandschaft auf einer Fläche von 260 ha (196 ha ohne Seen) durch. Dabei wurden alle Brutpaare mittels der sogenannten Revierkartierung (mind. 7 Kontrollen Ende März bis Mitte Juli, teils Anfang August) erfasst). Die 24 Zählstopps der offenen Kulturlandschaft bilden die Revierkartierungs-Probefläche vollständig ab. Im Jahr 2000 wurde dieser Bereich doppelt erfasst (sowohl Revierkartierung als auch Punkt-Stopp-Zählung), so dass die Datenreihen (Indexwerte) nahtlos angeknüpft (fortgeschrieben oder zurückgerechnet) werden können. 

Zur graphischen Darstellung und Ermittlung der Trends (Anhang 1): Bei Arten, die sich weitgehend auf den Bereich der Probefläche konzentrieren (Dorf- und Agrarland-Arten), wurde

die aus der Punkt-Stopp-Zählung abgeleitete Bestandsindexkurve ab 2000 an die absolute Brutpaar-Bestandskurve angehängt (z.B. Bachstelze). Bei Arten, die im Untersuchungsgebiet vorwiegend im Wald vorkommen, wurden die Daten für die Jahre 1997-1999 auf der Basis der 40 erfassten Stopps auf 64 Stopps hochgerechnet (z.B. Amsel).

Insgesamt werden Waldlebensräume und Waldrandsituationen (teils mit Seen und Mooren,

Offenland) an 38 Stopps erfasst; 10 Stopps davon befinden sich am Rand des Totalreservats

Plagefenn (Fennweg). Das Dorf Brodowin und typische Dorfrandlagen mit Obstbäumen und

angrenzender Kulturlandschaft sind an 8 Stopps dominant repräsentiert. Die übrigen 18 Stopps liegen in der offenen und halboffenen Kulturlandschaft (dabei teils auf Drumlins oder an Seeufern).


Die in Brodowin ermittelten Daten können den Daten des bundesdeutschen Brutvogelmonitorings des DDA gegenüber gestellt werden. Im Folgenden werden hierzu nur die Daten aus Ostdeutschland (neue Bundesländer) als Vergleichsbasis herangezogen, um den beträchtlichen Ost-West-Unterschied in Deutschland auszublenden.

3. Ergebnisse


Auf den Messtischblättern (1 : 25.000) 3049 Chorin und 3149 Falkenberg, deren Grenze durch Brodowin verläuft, brüten zurzeit 152 Brutvogelarten (ADEBAR-Kartierung 2005-2008). Davon wurden auf meinen 64 Zählstopps 96 Arten so zahlreich oder frequent erfasst, dass sich Bestandstrends ermitteln lassen. Auf der 196 ha großen Probefläche Brodowin brüteten im Zeitraum 1997-2000 insgesamt 98 Vogelarten sicher (138 Arten zur Brutzeit festgestellt). Aus diesen Daten sowie den intensiven Untersuchungen im Rahmen des Naturschutzhof-Projektes (Kartierung von Leitarten, Untersuchung des Bruterfolges u.a.) ist bekannt, dass das Gebiet extrem vogelartenreich ist und typische Arten der Agrarlandschaft extrem hohe Siedlungsdichten erreichen (besonders Grauammer, Neuntöter, Sperbergrasmücke, Feldlerche, Heidelerche u.a.). Im Folgenden soll die Frage untersucht werden, wie die Bestandsentwicklung der 96 häufigsten Arten ab 1997 verlief.

3.1. Bestandstrends insgesamt


Insgesamt haben mit 35 Arten deutlich mehr Vogelarten signifikant zugenommen als abgenommen (30 Arten), bei  31 Arten ist der Bestand gleichbleibend oder fluktuierend (Abb. 1). Dies ist noch kein wesentlicher Unterschied zu Ostdeutschland insgesamt, denn auch in ganz Ostdeutschland haben seit 1991 mehr Arten zu- als abgenommen. Betrachtet man, wie viele Arten sich in Brodowin günstiger oder ungünstiger als in Ostdeutschland entwickelt haben, ergibt sich entsprechend ein ausgewogenes Bild (Abb. 2): Bei knapp der Hälfte der Arten gibt es keinen Unterschied, und bei 25 bzw. 26 Arten verlief die Entwicklung in Brodowin günstiger bzw. ungünstiger.

- Unter „günstiger“ ist zu verstehen: in Ost-D signifikant abnehmend, in Brodowin gleich-

  bleibend oder signifikant zunehmend; oder in Ost-D gleichbleibend, in Brodowin signifi-

  kant zunehmend.

- Als „ungünstiger“ gilt: In Ost-D signifikant zunehmend, in Brodowin gleichbleibend oder

  abnehmend; oder in Ost-D gleichbleibend, in Brodowin signifikant abnehmend.

Die Gesamtbetrachtung aller 96 Arten lässt also zunächst nicht erkennen, dass die Bestandsentwicklungen in Brodowin grundsätzlich anders als in Ost-D verlaufen.

3.2. Arten verschiedener Lebensraumtypen


Betrachtet man das Ergebnis gruppiert nach Arten, die bestimmte Lebensraumtypen klar bevorzugen, ergibt sich bereits ein sehr aufschlussreiches Bild: Bei typischen Arten der Moore/

Röhrichte/Gewässer, der Siedlungen und der Agrarlandschaft überwiegen die zunehmenden

gegenüber den abnehmenden Arten deutlich (Abb. 3). Dies ist besonders für die Siedlungen und die Agrarlandschaft erstaunlich, da hier deutschlandweit die abnehmenden Arten stark überwiegen. Bei Arten der Wälder und Gehölze ist dagegen das Verhältnis zwischen Zu- und Abnahmen ausgewogener, jedoch überwiegen die abnehmenden Arten leicht.

Deutlicher werden die Unterschiede jedoch im Vergleich mit Ost-D (Abb. 4): Während die

Bestandsentwicklung typischer Arten der Moore und Gewässer insgesamt nicht günstiger ist

als in Ost-D, überwiegen bei den Siedlungen und der Agrarlandschaft stark die Arten mit in

Brodowin günstigerer Entwicklung:

- Von den Siedlungsvögeln haben sich acht Arten (z.B. Türkentaube, Haussperling, Grünfink,

  Klappergrasmücke, Mehl- und Rauchschwalbe) günstiger entwickelt, und nur zwei

  Arten (Bachstelze und Feldsperling) ungünstiger als in Ost-D. Dies spiegelt die noch intakten

  dörflichen Strukturen mit alten Höfen, Tierhaltungen usw. wieder. Ganz besonders

  gilt dies für die Schwalbenarten und die Türkentaube.

- In der Agrarlandschaft finden sich sechs Arten (z.B. Kiebitz, Feldlerche, Dorngrasmücke)

  mit günstigerer und nur eine Art (Schafstelze) mit ungünstigerer Entwicklung – und dies,

  obwohl die Bestandstrends der Agrarlandschaftsarten in Ost-D insgesamt schon deutlich

  positiver sind als in West-Deutschland!


Bei den Waldvögeln gibt es beim ganz überwiegenden Teil (28 von 45) der Arten keine Abweichungen (Abb. 4), insgesamt haben sich aber die Bestände von 12 Arten ungünstiger und

nur die von fünf Arten günstiger entwickelt. Wichtig ist allerdings, dass in Deutschland seltene,

gefährdete oder abnehmende Arten im Untersuchungsgebiet in hoher Dichte brüten und dennoch ihre Bestände halten (z.B. Waldwasserläufer, Mittelspecht) oder sogar weiter steigern (z.B. Schellente, Kranich, Kleinspecht) konnten. Die Abnahme des seltenen Zwergschnäppers im Gebiet kann aus den lokalen Bedingungen heraus nicht erklärt werden, möglicherweise liegen die Gründe auf dem Zugweg oder im Winterquartier. Weitere seltene Arten, die in den Wäldern des Gebietes brüten, z.B. Schwarzstorch, See- und Schreiadler, können mit der hier angewendeten Methode nicht sinnvoll erfasst werden, kennzeichnen aber den Naturschutzwert der Waldgebiete.


Als Zwischenergebnis lässt sich also feststellen, dass – entsprechend der eingangs formulierten

Erwartung – vor allem typische Vogelarten der Agrarlandschaft und der dörflichen Siedlungsstrukturen in Brodowin eine deutlich günstigere Entwicklung als in Ostdeutschland

zeigen.

3.3. Arten verschiedener Zugstrategien


In Bezug auf die Zugstrategien ergibt sich zunächst das auch für ganz Deutschland bekannte Bild (Abb. 5): Bei den Jahresvögeln und Kurzstreckenziehern überwiegen die zunehmenden

gegenüber den abnehmenden Arten, während bei den Langstreckenziehern die abnehmenden

Arten überwiegen; allerdings ist bei letzteren das Verhältnis in Brodowin – im Gegensatz zu ganz Deutschland – immerhin fast ausgewogen (11 Zunahmen, 12 Abnahmen).

Interessant ist der Vergleich mit Ostdeutschland (Abb. 6): Gerade bei den tendenziell am stärksten von Abnahmen betroffenen Langstreckenziehern gab es in Brodowin mehr Arten mit günstigerer Entwicklung. Bei den allgemein weniger gefährdeten und überwiegend zunehmenden Kurzstreckenziehern, Jahresvögeln und Teilziehern überwiegen in Brodowin die

Arten mit ungünstigerer Entwicklung leicht (Achtung: ungünstiger heißt oft „gleichbleibend“ im Vergleich zu „zunehmend“!).

3.4. Bundesweit gefährdete Arten


Von besonderem Interesse ist die Frage, wie es um die gefährdeten Arten in der Brodowiner

„Modelllandschaft“ bestellt ist. Dazu wurde die soeben (Ende 2007) erschienene „Rote Liste“

der in Deutschland gefährdeten Arten herangezogen. Hier ist zu betonen, dass viele im Raum Brodowin vorkommende Rote-Liste-Arten in so geringer Dichte auftreten, dass sie nicht Gegenstand dieser Analyse sein können, weil sie mit den hier angewendeten Methoden zu wenig erfasst werden. Es lassen sich also nur die Rote-Liste-Arten betrachten, die in Brodowin auch in hinreichender Zahl und Regelmäßigkeit auftreten.


Insgesamt ergibt sich ein überraschend eindeutiges Bild: Gerade den deutschlandweit gefährdeten Arten geht es in Brodowin besonders gut!


Von 12 auf der „Vorwarnliste“ erfassten Arten mit deutschlandweit anhaltenden Bestandsrückgängen haben in Brodowin sieben Arten zugenommen (Kuckuck, Kleinspecht, Heidelerche, Drosselrohrsänger, Pirol, Mehl- u. Rauchschwalbe) und nur vier Arten (Wasserralle, Baumpieper, Feldsperling, Bluthänfling) abgenommen. Von neun Arten, die deutschlandweit „gefährdet“ bis „vom Aussterben bedroht“ sind, haben sechs Arten in Brodowin zugenommen (Rohrdommel, Kiebitz, Bekassine, Fluss- und Trauerseeschwalbe) und nur eine Art (Wendehals) abgenommen!


Im Vergleich mit der Entwicklung in Ostdeutschland ist das Bild nochmals deutlich günstiger:

Von den Arten der „Vorwarnliste“ haben sich in Brodowin sieben Arten (z.B. Kleinspecht,

Kuckuck, Pirol) günstiger und nur eine Art (Wasserralle) ungünstiger entwickelt. Bei den neun „gefährdeten“ bis „vom Aussterben bedrohten“ Arten haben sich die Bestände von fünf Arten in Brodowin günstiger (Rohrdommel, Trauerseeschwalbe, Kiebitz, Bekassine, Feldlerche) und von keiner Art ungünstiger als in Ost-D entwickelt!


Dieses Bild wird unterstrichen durch Vorkommen zahlreicher seltener, bundesweit gefährdeter

Arten, die sich mit der hier angewendeten Methode nicht sinnvoll erfassen lassen, weil sie nacht- oder dämmerungsaktiv und/oder zu selten sind. Dazu gehören:


Bundesweit „vom Aussterben bedroht“:

Zwergdommel, Schreiadler, Tüpfelralle, Kleinralle.


Bundesweit „stark gefährdet“:

Gänsesäger, Wiesenweihe, Wachtelkönig, Raubwürger.


Bundesweit „gefährdet“:

Krickente, Weißstorch, Fischadler, Baumfalke, Turteltaube.

4. Fazit


Die Frage, ob es den Brutvögeln in der Brodowiner „Modelllandschaft“ tatsächlich deutlich

besser geht als in Ost-Deutschland insgesamt, kann also eindeutig bejaht werden: es profitieren

hier vor allem typische Arten der Agrarlandschaft und der Siedlungen vom großflächigen

Ökolandbau, Naturschutzmaßnahmen und der beschriebenen bäuerlichen Dorfstruktur. Ganz besonders einige deutschlandweit gefährdete Arten zeigen in Brodowin eine viel günstigere

Bestandsentwicklung als in Ost-D. Bei den Waldvögeln sind es hingegen nur einige Spezialisten der naturnahen Waldstrukturen und Waldmoore, die von der naturschutzorientierten Laubwaldbewirtschaftung und dem Naturschutzgebiet Plagefenn profitieren und ihre relativ hohe Dichte halten oder steigern konnten. Vielen häufigen Waldvögeln, vor allem den wenig gefährdeten Teil- und Kurzstreckenziehern, geht es in Brodowin nicht besser oder sogar schlechter als in der ostdeutschen Normallandschaft.


Florian SCHOENE, Landwirtschafts-Referent des NABU, hatte also recht, als er im Jahr 2007

die Entwicklung in der Brodowiner Landschaft auf die simple Formel brachte: „Brodowin liegt

quer zum deutschlandweiten Trend“. Das gilt für die Landwirtschaft, aber eben auch für die

Entwicklung der biologischen Vielfalt in der Kulturlandschaft.