Heidig                                                     Hejdyk
 
 

Der Nachbarort von Erdmannen ist Heidig. Hier lebten meine Großmutter und mein Großvater als junges Ehepaar und gründeten eine Familie, allerdings nicht direkt im Dorf, sondern auch in einem einzelnen Bauerngehöft zwischen den Ortschaften. Die Trauung fand in einem weiteren Dorf  -  Turoscheln  -  statt, da es nur dort eine Kirche gab bzw. gibt.

Heidig ist ein wenig größer als Erdmannen, es gibt keine Kreuzung, das gesamte Dorf zieht sich nur entlang der einzigen (Haupt)Straße

Heidig

Das obere Bild zeigt den westlichen Ortseingang von Heidig mit einem typischen polnischen Ortseingangsschild.

Was in diesem Dorf sofort auffiel, waren die verhältnismäßig vielen schwarzen Häuser, die so typisch für diese Gegend in den Masuren sind.

Einige dieser alten Bauten hat man in der Zwischenzeit überholt, sie erhielten neue Dächer oder wurden anderweitig verändert. Insgesamt fällt aber auf, dass diese Zeugen aus alter Zeit erstaunlich gut erhalten waren und dem Ort eine ganz besondere Note gaben.

Was dem Westeuropäer hier sofort auffällt, ist der nahezu fehlende Autoverkehr. In einer halben Stunde fährt höchstens zweimal ein einzelnes Auto durch das Dorf, dann herrscht wieder Ruhe und man hört nur das Tschilpen der Sperlinge und den Gesang der Stare, die es hier an jedem Haus gibt. Die Vögel profitieren von den teils offenen Verhältnissen dieser Holzhäuser und werden offenbar auch ohne weiteres geduldet. An manchen Schornsteinen allerdings schützen sich die Leute mit Drahtvorrichtungen vor den kleinen Untermietern.

Ein weiteres Charakteristikum sind die vielen Oberlandleitungen, die bis zur Wende auch in der DDR noch ein gewohntes Bild waren. Hier im heute tiefsten Polen findet man sie quasi in jedem Ort.

Für mich war es ein ganz besonderes Erlebnis, in diesem Dorf zu sein, erzählte doch meine Großmutter immer wieder hiervon  -  unzählige Male tauchte der Name „Heidig“ auf und ließ bei ihr eine gewisse, wenn auch nicht zugegebene Sehnsucht erkennen, was auch verständlich ist, immerhin verlor die junge Familie ihre Heimat auf nimmer Wiedersehen.

Die Straßenränder in Heidig sind (wie in den meisten anderen Dörfern auch) lediglich ausgetretene Sandpfade. Die ganze Aura, die man hier spürt, wirkt wie aus ganz alten Zeiten. Man fühlt sich bisweilen wirklich um 50 Jahre zurückversetzt und mit einem kleinen Maß an Fantasie kann man sich vorstellen, dass die eigene Großmutter als junge Bäuerin jeden Moment die Straße entlang gelaufen kommen könnte  -  eine etwas wehmütige Vorstellung, aber wenn man weiß, dass hier die eigenen Wurzeln liegen, fühlt man zwangsläufig eine gewisse Verbundenheit.

© 2010 Marco Just   ❘  Alle Rechte vorbehalten.