Flugplatz Finow

Zur DDR-Zeit war der Flugplatz Finow ein Militärobjekt der Sowjetarmee, doch reicht seine Geschichte noch weiter, bis in den Zweiten Weltkrieg zurück (Baubeginn war bereits Ende der 1930er Jahre); aber die erstgenannte Epoche verlieh ihm seinen typischen Charakter, wodurch er auch heute noch eine gewisse Aura ausstrahlt und den Besucher auf ganz besondere Weise fesselt.

Die vielen original belassenen Hangars (auch Shelter genannt) und die historischen Flugzeuge, die zur Luftfahrthistorischen Sammlung des seit 1992 bestehenden Luftfahrt-Museums gehören, lassen Geschichte lebendig werden.

Das Museum nimmt nur einen kleinen Teil des insgesamt 370 ha großen Flugplatzgeländes ein und befindet sich sozusagen am westlichen Ende im Bereich Finowfurt.

Nach der deutschen Wiedervereinigung wurden an vielen Orten Dinge, die man mit der DDR-Geschichte in Verbindung brachte, oftmals viel zu schnell und ohne zu überlegen beseitigt, zu groß waren der Enthusiasmus und die Erwartungen dessen was kommen mag bei den meisten Leuten. Auch auf dem Flugplatz Finow, der übrigens zu 80% auf Finowfurter und nur zu 20% auf Finower Gebiet liegt, hätte das so eintreten können, wenn man nicht rechtzeitig gehandelt hätte.

Es wurde ein „Verein zur Erhaltung des Flugplatzes Finow“ gegründet und damit das „Abenteuer Luftfahrtmuseum“ ins Leben gerufen, woraus schließlich die Luftfahrthistorische Sammlung hervorging. Das gute Verhältnis zu den hier stationierten russischen Soldaten hatte zur Folge, dass man am 18. August 1991 einen Tag der offenen Tür veranstaltete, obwohl der Flugplatz zu jener Zeit noch aktiv war. Es verwundert daher nicht, dass dieses Ereignis fast siebzigtausend Besucher anlockte, denn die Neugier war verständlicherweise sehr groß.

Ich kann mich daran erinnern, dass auch ich als Kind unbedingt mal ein Flugzeug oder einen Hubschrauber in „Lebensgröße“ am Boden sehen wollte, nachdem mir meine Eltern beschrieben hatten wie groß diese Maschinen sind, denn bis dahin hatte ich sie immer nur hoch am Himmel gesehen und hatte daher keine Vorstellung. Eines Tages Anfang der 1980er Jahre fuhr mein Vater dann mit mir die Biesenthaler Straße entlang, von der aus man ein Stück weit auf das Flugfeld schauen konnte, und tatsächlich stand dort an jenem Tag in einiger Entfernung ein großer Militärhubschrauber, der mich unbeschreiblich faszinierte. Ein „Düsenjäger“ war zwar (glaube ich) nicht zu sehen, aber ein paar Hangars konnte man erkennen, und diese wirkten sofort spannend und geheimnisvoll, als mein Vater mir erklärte, dass darin die Flugzeuge untergebracht sind. Diese Faszination hat mich seitdem nicht mehr losgelassen, und in den Jahren 1985 und 1986 hatte ich tatsächlich das große Glück (nachdem ich schließlich auch die Passagiermaschinen auf dem Flughafen Schönefeld gesehen hatte), in den Sommerferien mit dem Flugzeug nach Prag zu reisen (Ferienlager), wodurch ich auch die INTERFLUG kennenlernen durfte, von der ich bis heute begeistert bin. Im ersten Jahr flogen wir jeweils mit einer TU 134A, von der das Vorgängermodell (TU 134) sogar als Museumsflugzeug Bestandteil der Sammlung in Finowfurt ist (siehe Bilder oben) und für mich daher schöne Erinnerungen wach werden lässt, während im zweiten Jahr eine IL 18 unsere Maschine war, deren lautes Dröhnen mir noch sehr gut in Erinnerung ist.

Insofern ist der Fluglatz Finow auch immer eine Begegnung mit der Vergangenheit, ein historischer Ort, der praktisch original belassen wurde, und der deshalb seinen ganz eigenen Reiz hat.

Als besonderes Ausstellungsstück kann die links abgebildete IL 14 angesehen werden. Sie ist eine von insgesamt 80 Maschinen aus der Flugzeugwerft Dresden, wo die IL 14 ab 1955 in Lizenz gebaut wurde.


Nur wenige Tage nach Kriegsende trafen die ersten Flugzeuge der sowjetischen Streitkräfte in Finow ein. Ungefähr drei Wochen zuvor hatte die deutsche Luftwaffe den Fliegerhorst, wie er bis dahin hieß, geräumt.

Im Zuge der Demontage vieler Luftwaffenbauten, die zwei Jahre später begann, verschwanden auch die drei großen Flugzeughallen, die Werft- und Rüsthalle sowie noch vorhandene Flakstellungen und Lagerhäuser. Auch ein Zwangsarbeiter- und Kriegsgefangenenlager wurde beseitigt.

Die bis dato nur 1000 Meter lange Startbahn reichte für die strahlgetriebenen Jagdflugzeuge nicht mehr aus und wurde daher auf 2000 Meter verlängert. Mitte der 1980er Jahre wurde diese Bahn noch einmal saniert und auf endgültig 2520 Meter verlängert, wobei auch die Vorstartlinie neu gestaltet wurde. Es entstand eine große Abstellfläche für Transportflugzeuge und ebenso mehrere Hubschrauberabstellplätze.

Bis 1961 waren in Finow Jagdbomberflugzeuge stationiert, danach folgte ein mit IL 28-Bombern ausgerüstetes Frontbomberregiment. Ab 1964 kamen die überschallschnellen Jak-28 hinzu, die als Träger für taktische Atomwaffen vorgesehen waren, weshalb man am Flugplatz ein entsprechendes Lagergebäude errichtete.

Im Spätjahr 1969 wurden die Bomber aus Finow wieder abgezogen; zu dieser Zeit hatte bereits eine neue Umbauphase begonnen, in der auch die auf einigen Bildern zu sehenden, als Shelter bezeichneten halbrunden Betonschutzbauten entstanden, in denen jeweils ein Flugzeug untergebracht werden konnte. Insgesamt wurden 58 dieser Hangars in drei verschiedenen Ausführungen errichtet. Die Arbeiten hierzu wurden 1983/84 abgeschlossen. Ein einziger der großen Torflügel wiegt 26 Tonnen.

Des Weiteren wurden zwei große Hallen für die Reparatur der Flugtechnik gebaut, während die bis dahin genutzte, aus den 1950er Jahren stammende Holzhalle abgerissen wurde; auch ein Triebwerksprüfstand kam dazu.

Die Neubauten, die man für die späten 1980er Jahre geplant hatte, wurden aufgrund der politischen Veränderungen nicht mehr begonnen.

Die Flugzeugtechnik wechselte 1976 von MiG-21 auf MiG-23, und ab 1982 wurde eine Staffel mit MiG-25 ausgerüstet. Die ungewöhnliche Stationierung des Abfangjägers MiG-25, der immerhin dreifache Schallgeschwindigkeit erreichen konnte, lag darin begründet, dass die US Air Force damals in Mildenhall (England) zwei SR-71 Spionageflugzeuge stationiert hatte. Als für jene Maschinen im Jahre 1989 das Ende in England kam, weil sie zu teuer in der Unterhaltung waren und zudem die Entwicklung von Spionagesatelliten weit vorangeschritten war, benötigte man in Finow auch keine MiG-25 mehr, und somit wurde die gesamte Kampftechnik aus MiG-23 und MiG-25 durch die neueste Version der MiG-29 ersetzt. Trotz der Veränderungen nach der Wende wurde bis zum Abzug der russischen Truppen die fliegerische Ausbildung an drei Tagen in der Woche fortgeführt. Am 10. Mai 1993 verließen dann alle 33 MiGs des 787. Jagdfliegerregiments nach 22 Jahren ihre Heimatbasis Finow und wurden nach Weißrussland verlegt. Regelmäßig flogen Transport- und Passagierflugzeuge zwischen Finow und Russland, um Ausrüstungen, LKWs und Familienangehörige zu transportieren, bevor der Flugplatz endgültig an deutsche Behörden übergeben wurde. Zivilpiloten durften aber schon seit 1991 in Finow landen. Für sie dürfte das eine ganz besondere Situation gewesen sein: Auf einem russischen Militärflugplatz zu landen, und das sogar während des aktiven Flugbetriebes zwischen startenden und landenden MiGs.

Die militärische Nutzung endete endgültig im September 1993 nach insgesamt 56 Jahren.

MiG 23 UB (im Hintergrund) und MiG 21 (nur Heck) am 6. Dezember 2004

MiG 23 UB  („UB“ bezeichnet eine für Ausbildungszwecke genutzte Maschine.);  6. Dezember 2004

MiG 21 und MiG 23 am Shelter 6 am 6. Dezember 2004

Shelter 6 am 6. Dezember 2004

IL 14 vor dem Shelter 7 mit dem Wetterradar am 6. Dezember 2004

Z-37A vor dem Shelter 4  (6. Dezember 2004)

Hubschrauber MI-8T, dahinter TU 134 und Shelter 1  (6. Dezember 2004)

TU 134 und MI-8T, welcher vor dem Shelter 2 steht (6. Dezember 2004)

Tupolev TU 134 zwischen Shelter 1 und 2 als größtes Exponat am 6. Dezember 2004

TU 134 (Detailansicht) im April 2015; Foto digital aufgenommen von Hermann L.